Theologische Gedanken von Dr. Tamás Czopf zu einer Frage des Synodalen Weges
„Möglicherweise ist die Frage, ob es überhaupt noch Priester braucht, sogar eine bessere spirituelle Antwort auf den Priestermangel als Gebete um Berufung … Möglicherweise ist der Priestermangel kein Defizit, sondern Zeichen der Zeit.“
Kommentar von Felix Neumann auf katholisch.de zur Fragestellung des Priesterforums in der Synodalversammlung des Synodalen Weges.
Ich finde, dass diese Fragestellung gar nicht so verkehrt ist, bevor man sich über Frauenpriestertum, Abschaffung des Zölibates und priesterliche Lebensweise Gedanken macht.
Hier soll eine grobe Skizze folgen mit den wichtigsten Themen, die zum Fragenkomplex gehören.
1. Jesus stammt nicht aus dem priesterlichen Geschlecht Arons, sondern aus dem königlichen Geschlecht Davids. Er war insofern kein Priester und auch seine Bewegung war eine „Laienbewegung“. Alle Ämter, die aus dem Kreis der zwölf Apostel und der Jünger hervorgegangen sind (Bischof, Priester, Diakon), sind zunächst dazu da, das Werk Jesu, sprich Verkündigung des Evangeliums, Taufe und Heilung des Lebens, fortzuführen.
Dazu gehört auch der Stand der „Presbyter“ (Älteste – auf Griechisch, wovon auch das deutsche Wort „Priester“ stammt). In diesem Sinn ist der Presbyter etwas anderes als die sog. Priester (hiereus – auf Griechisch), die im Heidentum und auch im Judentum die Opferrituale in den Tempeln gepflegt haben.
2. Aber das Neue Testament verbindet das Werk Jesu auch schon mit dem aronitischen Priestertum: Das Johannesevangelium lässt Jesus in der Stunde sterben, als auf dem Tempelberg die Osterlämmer geschlachtet wurden und bringt Jesus so in die Nähe des Opfergedankens.
Vor allem der Hebräerbrief vertieft diesen Gedanken dahingehend, dass er Jesus als den „neuen Hohepriester“ darstellt (Hebr 3,1), der nicht bloß einen irdischen, sondern himmlischen Kult absolviert, indem er sich selbst als Opfer darbringt und dadurch Priester und Opfer zugleich ist.
Dazu verwendet diese Schrift ein Psalm-Zitat, nach dem der Messias „Priester nach der Ordnung Melchisedeks“ ist (Psalm 2,7 vgl. Hebr 5,6 und Kap. 7), eine Größe, die aus der Zeit vor der Entstehung des Volkes Israel und des mosaischen Gesetzes – also auch des jüdischen Priestertums – stammt.
3. Diese zwei Linien finden sich bald zusammen in dem, was schon zu nachapostolischen Zeiten den „Priester“ ausmacht: Das Gedächtnis der Person und des Werkes Jesu und die Vollendung des Opferkultes vom Alten Testament. In der sog. „apostolischen Kontinuität“, die für die Kirche von Anfang an wesentlich ist und die historische Treue zu den Anfängen betont, spielen beide Seiten eine wichtige Rolle.
4. Zu einer differenzierten Sicht gehört aber, dass alle Christen aufgrund der Taufe an beiden Dimensionen Anteil haben. Zum sog. „allgemeinen“ oder „gemeinsamen“ Priestertum aller Getauften gehört, dass in der Nachfolge Jesu alle Glaubenden berufen sind, Jesu Werk zu vergegenwärtigen und ihr Leben in das Lebensopfer Jesu einzufügen.
5. Das spezielle, sog. „sakramentale“, „hierarchische“ oder „Amts-Priestertum“ wurde sehr früh (schon vor 110 bei Ignatius von Antiochien bezeugt) eingerichtet und bleibt unerlässlich, damit eine wirkliche, reale Kontinuität zum Neuen Testament und zur Person Jesu garantiert ist. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Garantie eine „sakramentale“ ist: d. h. dahinter steht eine Zusage, die auf Jesus zurückgeht und in den Fakten seiner Geschichte gründet.
Der Priester garantiert die Kontinuität zu Jesus und seinem Opfer in diesem Sinn nicht durch seine moralische Qualität und seine Lebensführung, sondern durch „objektive“ Dinge, wie
z. B. die Beauftragung / Weihe durch Handauflegung. Selbstverständlich ist er gerufen und berufen, dieses „Amt“ auch durch seine Lebensführung zu verwirklichen und zu spiegeln.
So bekommt die Frage nach der Notwendigkeit des Priesters zwei Dimensionen: Zum einen muss jeder und jede Getaufte sein Lebensopfer mit dem Herrn bringen, gleichsam in ihn „hineinsterben“; und zum anderen müssen einige Männer zusätzlich die stetige historische Verbindung als sakramentales Zeichen übernehmen und „Priester“ sein, damit das Werk Jesu authentisch bestehen bleibt.
Dieser Beitrag von Pfarrer Dr. Tamás Czopf erschien auch im aktuellen Pfarrbrief „Spiritus 02/022“.